Kaltes Nahwärmenetz in Borken-Weseke

Projekt aus WiEfm-Machbarkeitsstudie geht in die Umsetzung
Blick auf das Baufeld in Weseke / Foto: Christian Käufler

Im Stadtteil Weseke der Kreisstadt Borken entsteht ein ökologisches Quartier auf dem ehemaligen Gelände des Textilbetriebs Schmeing mit einer innovativen und gemeinschaftlichen Wärmeversorgung über kalte Nahwärme.

Für das Team der FH Münster ist die Entwicklung der nachhaltigen Wärmeversorgung in Borken eine besondere Freude. Denn im Jahr 2018 hat eine Machbarkeitsstudie das Vorhaben vorangetrieben, welche über einen Wärmegutschein im Vorgängerprojekt WiEfm unterstützt wurde.

Ende August 2020 konnten sich Simon Nießen und Christian Käufler von der FH Münster das Baufeld in Borken Weseke ansehen und wurden von Markus Niehaus und Matthias Geiping von der EMERGY Führungs- und Servicegesellschaft mbH1 über den aktuellen Stand des Projekts aufgeklärt.

Auf dem rund 48.000 m² großen Gelände in der Mitte des Stadtteils sind mittlerweile einige Bagger zugange und heben Gräben für die Rohrleitungen aus. Auch zwei Probebohrungen wurden bereits ausgeführt, um die Eignung des Untergrunds für die Wärmeentnahme zu testen, sogenannte Thermal Response Tests. Denn die Wärme im Neubaugebiet wird über 54 Erdwärmesonden aus dem Untergrund entnommen und in das kalte Netz eingespeist. Dabei sinkt die Bodentemperatur jedoch nur um einige Grad Celsius ab und auch im Netz herrschen in der Regel nur Temperaturen zwischen acht und 20 °C, weshalb man von einem „kalten Wärmenetz“ spricht.

Die Erwärmung für Leitungswasser und moderne Heizungen erfolgt dann in den Häusern über Wärmepumpen, welche durch regenerativ und lokal erzeugten Strom aus Windkraft-, Photovoltaik- (PV) und Biogas-Anlagen versorgt werden sollen.

Die Erdwärmesonden werden unterhalb eines Spielplatzes im Norden und entlang des Weges mittig durch das Wohngebiet ihre Arbeit verrichten. Ein wichtiger Aspekt für die Nachhaltigkeit und auch den Wohnkomfort ist hier zudem die Möglichkeit der Kühlung im Sommer mit Hilfe der Wärmepumpen. Denn was für angenehme Temperaturen in den Wohnungen im Sommer sorgt, regeneriert zugleich auch das Temperaturgefüge im Untergrund und sorgt so dafür, dass der Boden nicht immer weiter auskühlt, sondern für lange Zeit Wärme bereitstellen kann. So wird auch nach mehr als 25 Jahren noch genug Entzugsleistung zur Verfügung stehen.

Das Netz wird zudem passiv betrieben, wodurch bis auf eine Booster-Pumpe als Backup allein die Wärmepumpen in den Häusern und das Gefälle in den Rohrleitungen für eine Zirkulation des Wassers sorgt. Auch Wärmeverluste sind aufgrund der geringen Temperaturen im Netz nicht zu befürchten, daher kann hier auf eine kostenintensive Dämmung verzichtet werden. Im Gegenteil kann das Rohrleitungsnetz sogar noch als Flächenkollektor für Wärme dienen.

Durch ein übergeordnetes stetiges Monitoring der Netzparameter wird eine dauerhafte Netzoptimierung ermöglicht. So steht man hier an einem vielversprechenden, nachhaltigen Modell für die Wärmeversorgung der Zukunft, welches als Lernfeld für die Akteure in der Wärmeversorgung und Wärmewende dient. So sagt auch Markus Niehaus, dass weitere solcher Netze gebaut werden sollen.

An die durch WiEfm geförderte Machbarkeitsstudie soll sich zudem eine Förderung im BAFA-Programm Wärmenetzsysteme 4.0 anschließen.

Mit Mitteln aus dem BAFA-Programm wird zudem nun der Bau eines ganz ähnlichen Vorhabens im münsterländischen Warendorf realisiert – an deren Anfang ebenfalls ein Wärmegutschein von WiEfm stand. Die Geschichte darüber finden Sie demnächst ebenfalls bei Task Force Wärmewende auf der Projektwebseite.


1 Die EMERGY ist die Führungs- und Servicegesellschaft für die Stadtwerke Borken/Westf. GmbH und die Wirtschaftsbetriebe der Stadt Coesfeld GmbH.


Links

➡️ Seite der Stadtwerke Borken

➡️Seite der Emergy

➡️ Übersicht der Machbarkeitsstudien von WiEfm