Gemeinde Heek – Machbarkeitsstudie Neubaugebiet Sanders Kamp

Screenshot aus dem Energieatlas NRW des LANUV mit dem Gebiet der Gemeinde Heek

Das Projekt

Die Gemeinde Heek plant im Ortsteil Nienborg das Neubaugebiet „Sanders Kamp“ mit ca. 250 Ein- und Zweifamilienhäusern. Im Rahmen dieser Machbarkeitsstudie wurde die Umsetzung eines innovativen Nahwärmenetzes untersucht, in welchem die Hauseigentümer/innen im Wärmebereich mit ihren angeschlossenen Gebäuden gleichermaßen als Energiekonsumenten und -produzenten, dementsprechend als „Prosumer“ auftreten. 

Ausgangssituation

In der Gemeinde Heek ist im Ortsteil Nienborg das Neubaugebiet „Sanders Kamp“ mit ca. 250 Ein- und Zweifamilienhäusern geplant und soll mit einem innovativen Nahwärmenetz versorgt werden. Die Gemeinde Heek liegt im westlichen Münsterland im Kreis Borken und hat rund 8.700 Einwohner, wovon rund 3.100 Einwohner im Ortsteil Nienborg wohnen. Das Neubaugebiet „Sanders Kamp“ soll im östlichen Teil Nienborgs entstehen.

Konzept und Alleinstellungsmerkmal

Die Besonderheit des geplanten Nahwärmenetzes liegt darin, dass es von den Hauseigentümern als „Prosumer“ genutzt werden soll, das heißt dass die Haushalte gleichermaßen als Energiekonsumenten und -produzenten auftreten. Sie können Wärme aus dem Netz in Anspruch nehmen, aber auch überschüssige Wärme aus Solarthermieanlagen in das Netz, welches somit als Speicher dient, einspeisen. Eine Vergütung für diese Leistung gibt den Anwohnern einen Anreiz in entsprechende Energiestandards zu investieren.

Dieser bidirektionale Prosumer-Ansatz hat positive Auswirkungen auf die Dimensionierung der zentralen Wärmequelle und die energetische Gebäudequalität, welche in der Studie berücksichtigt werden.

Das Konzept sieht vor, alle Gebäude mit Solarthermie-Kollektoren sowie Pufferspeichern auszurüsten, welche die Trinkwarmwasserbereitung sowie die Raumheizung erbringen und Vorrang gegenüber den unterstützenden Technologien aus dem Nahwärmenetz haben. Wärmeüberschüsse, wie sie beispielsweise im Sommer auftreten, werden dem Wärmenetz zugeführt, welches damit als Puffer dient. Über Hausübergabestationen werden die Gebäude an das Nahwärmenetz angeschlossen. Dieses soll über drei Nahwärmestationen im Neubaugebiet verfügen und mit einer Vorlauftemperatur von 60 °C betrieben werden. Als Wärmequellen der Nahwärmestationen dienen vorrangig zwei Blockheizkraftwerke (BHKW) sowie eine große Wärmepumpe, welche mit Hilfe von mehreren unter Wasser angebrachten Wärmetauschern einen nahegelegenen Baggersee im Gewerbegebiet Bült als Wärmequelle nutzen soll. Dabei wird der Strombedarf für die Wärmepumpe bilanziell vollständig über das BHKW abgedeckt. Reicht die Erzeugung durch die drei genannten Wärmequellen nicht aus, dient ein Gas-Brennwertgerät als Spitzenlastkessel.

Über eine Verknüpfung mit dem benachbarten Nahwärmenetz des Gewerbegebiets Bült soll zudem in Zeiten hoher thermischer Last an besonders kalten Tagen im Winter ein geringer Teil des Wärmebedarfs gedeckt werden können.

Technologien

Folgende Technologien und Wärmequellen sollen eingesetzt werden:

  • Wärmenetz 
  • Groß-Wärmepumpe und Wärmeübertrager in einem See 
  • Solarthermieanlagen
  • Pufferspeicher
  • BHKW und Erdgas-Spitzenlastkessel

Akteure

  • Gemeinde Heek
  • Anwohner als Prosumer
  • Ggf. Nahwärmenetz des Gewerbegebiets Bült

Kennzahlen: Erwartete wirtschaftliche, klimatische und energetische Effekte

wirtschaftlicher Mehrwert

Die regenerativen Energiequellen stehen günstig zur Verfügung. Außerdem gibt es eine bilanzielle Verbesserung der energetischen Qualität der Gebäude.

Die Wirtschaftlichkeitsbetrachtung zeigt für das Nahwärmenetz gegenüber einer angenommenen dezentralen Wärmeversorgung über Gas-Brennwertkessel bzw. Luft/Wasser-Wärmepumpen in jeweils 50 % der rund 250 Wohngebäude zunächst höhere kapitalgebundene Kosten, welche nach Berücksichtigung möglicher Förderungen jedoch unter denen der dezentralen Wärmeversorgung liegen.

Ebenso liegen die bedarfs- und betriebsgebundenen Kosten für das Nahwärmenetz unter denen einer dezentralen Lösung.

Es wurde ermittelt, dass die Endenergiekosten über 20 Jahre beim Nahwärmenetz einen Durchschnittspreis von 12,65 Cent/kWh ergeben, wohingegen bei einer dezentralen Wärmeversorgung 29,60 Cent/kWh anfallen würden.

Bereitstellung erneuerbarer Energien

Die Energiebereitstellung für das Nahwärmenetz erfolgt über die Solarthermieanlagen, die beiden BHKW, die Wärmepumpe sowie einen Gas-Kessel, der zur Deckung der Spitzenlasten dient.

Dabei wird eine gesamte Wärmemenge von 3.277 MWh/a bereitgestellt, wovon 1.040 MWh/a und damit rund 32 % als erneuerbare Energie über die Solarthermieanlagen geliefert werden. Zudem soll ein Teil der Wärme aus erneuerbaren Energien über eine Sole/Wasser-Wärmepumpe gedeckt werden, welche einen nahegelegenen Baggersee als Wärmequelle nutzen soll. Der Strom zum Betrieb der Wärmepumpe kommt dabei bilanziell aus dem erdgasbetriebenen BHKW bzw. aus dem Stromnetz.

Wärmeerzeugung Nahwärmenetz | Quelle: Machbarkeitsstudie Sanders Kamp von Bode

CO2-Reduktion

Die Machbarkeitsstudie hat für die zentrale Wärmebereitstellung über das Nahwärmenetz jährliche CO2-Emissionen von 457 tCO2/a ermittelt. Bei einer angenommenen dezentralen Wärmeversorgung über Gas-Brennwertkessel bzw. Luft/Wasser-Wärmepumpen in jeweils 50 % der angeschlossenen Wohngebäude fallen 632 tCO2/a an. Damit ergibt sich durch das Wärmenetz eine Einsparung von 175 tCO2/a. 

Vergleich CO2-Emissionen | Quelle: Machbarkeitsstudie Sanders Kamp von Bode

Energieeinsparungen / Energieeffizienz

Für die Machbarkeitsstudie wurde von einem Mustergebäude nach dem Standard eines KfW-Effizienzhaus 55 mit 370,6 m² Gebäudenutzfläche und einem Jahresprimärenergiebedarf von 35 kWh/m²a ausgegangen, um die solarthermischen Gewinne und die anfallenden Heizlasten zu berechnen.

Die Gebäude besitzen einen hohen energetischen Standard, welcher eine Vorlauftemperatur von 60 °C im Nahwärmenetz (gegenüber 90 °C in klassischen Fernwärmenetzen) ermöglicht. Dies führt zu geringeren Netzverlusten. Zudem übersteigt die in den Sommermonaten dem Netz zusätzlich zur Verfügung stehende Solarthermie-Wärme die Netzverluste des Nahwärmenetzes.

Gegenüber dem zuvor beschrieben, dezentralen Szenario und unter Berücksichtigung der Eigennutzung des BHKW-Stroms hat das Nahwärmenetz mit 1.784 MWh/a einen um 281 MWh/a geringeren Endenergiebedarf.

Übertragbarkeit

Potenzial für eine nachhaltige Wärmeversorgung in der Region

Die Verknüpfung mit weiteren zu untersuchenden Nahwärmenetzen in der näheren Region sind möglich und liefern einen Mehrwert für eine nachhaltige Wärmeversorgung in der Region. Bei ähnlichen Strukturen in anderen Kommunen ist eine Übertragbarkeit darstellbar.

Ergebnisse

Die Machbarkeitsstudie hat die technische und wirtschaftliche Machbarkeit eines „Prosumer“-Nahwärmenetzes in Heek untersucht. Dieses nutzt zur Wärmeversorgung der rund 250 angeschlossenen Ein- und Zweifamilienhäuser hauptsächlich Blockheizkraftwerke (BHKW), Wärmepumpen und Solarthermieanlagen. Verglichen mit einer dezentralen Versorgung der Gebäude zu 50 % mit Erdgas-Brennwertkesseln und zu 50 % mit Luft/Wasser-Wärmepumpen liegt der Endenergiebedarf des Prosumer-Nahwärmenetzes unter dem einer dezentralen Versorgung. Dem Wärmenetz kommt dabei die gemeinsame Nutzung der Solarthermie sowie die Nutzung des BHKW-Stroms für die Wärmepumpen zur Gewinnung von Umweltwärme zugute.

In den Monaten Mai bis September können die Solarthermieanlagen einen Wärmeüberschuss in das Nahwärmenetz einspeisen.

Die wirtschaftliche Betrachtung ergibt, dass die Investitionskosten beim Nahwärmenetz zwar höher sind, die Gesamtkosten über 20 Jahre jedoch durch die geringen bedarfs- und betriebsgebundenen Kosten ca. 30 % unter den Gesamtkosten der dezentralen Wärmebereitstellung liegen.

Die CO2-Emissionen des Nahwärmenetzes liegen durch die Nutzung von Solar- und Umweltenergie unter denen dezentralen Wärmeversorgung der angeschlossenen Gebäude was einen Beitrag zur Verringerung des anthropogenen Treibhauseffektes leisten und somit zur Verlangsamung des Klimawandels beitragen kann.

Insgesamt ist das Nahwärmenetzes unter technischen, ökonomischen und ökologischen Gesichtspunkten umsetzbar. Die Gesamtkosten des Nahwärmenetzes liegen bei den berücksichtigten Eckdaten über die nächsten 20 Jahre unter denen der dezentralen Wärmeversorgung.

Download

Die Studie kann nachfolgend heruntergeladen werden:

Machbarkeitsstudie

Kosten: 17.727,75 €
Förderung:7.977,49 €
Laufzeit der Studie:01.01.2020 – 01.09.2021

Antragssteller

Gemeinde Heek
Bahnhofstraße 60
48619 Heek
www.heek.de

Durchführendes Unternehmen

Bode Planungsgesellschaft
für Energieeffizienz m.b.H.
Kesslerweg 20
48155 Münster
www.bode.ms

Weitere Infos

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