Nijmegen: Wärme aus dem Maas-Waal-Kanal

Foto: Zwanenveld

Das Projekt

Ausgangssituation

In Nijmegen-Dukenburg werden auf dem Gelände des ehemaligen ‚regionalen Ausbildungszentrums‘ (Regionaal opleidingscentrum, ROC[1])  ca. 325 neue Wohneinheiten gebaut, welche erdgasfrei versorgt werden müssen. Diese könnten, wie bereits viele andere Wohnungen, an das Wärmenetz in Nijmegen angeschlossen werden, welches seine Wärme aus der Abfallverbrennung gewinnt. Dies spart auf dem Papier 70 % an CO2-Emissionen gegenüber der Beheizung mit einzelnen Gaskesseln. Für ein erdgasfreies Nijmegen in Zukunft braucht es jedoch mehrere Wärmequellen. Aufgrund der Nähe zum Maas-Waal-Kanal kam zudem die Idee auf, ob durch Aquathermie aus dem Kanal eine vollständig CO2-neutrale Versorgung der geplanten Gebäude möglich ist, was mit der vorliegenden Studie untersucht wurde.

Konzept und Alleinstellungsmerkmal

Die Gestaltung der Gebäude sorgt für einen reduzierten Energiebedarf, welcher zur Vermeidung von CO2-Emissionen ohne fossile Brennstoffe gedeckt werden muss.

Das hier untersuchte Konzept der Aquathermie bzw. der thermischen Energie aus Oberflächenwasser (TEO) kann im Sommer Wärme aus dem Kanal entziehen. In Kombination mit einem Wärme- und Kältespeicher-System über Aquifere im Boden (niederländisch Warmte-Koude-Opslag, WKO genannt und einem Aquiferspeicher entsprechend) kann diese Wärme für die wärmepumpen-gestützte Beheizung im Winter gespeichert werden. Im Sommer kann kaltes Wasser zur Kühlung aus dem Boden gepumpt werden und die aus den Gebäuden entzogenen Wärme zur Regeneration des Systems genutzt werden.

Am Anfang der Machbarkeitsstudie wird untersucht, ob der Standort physisch und rechtlich für den Bau eines Wärmespeichers (WKO) mit Aquathermie geeignet ist.

Im nächsten Schritt wird auf der Grundlage der gesammelten Informationen zum Wärme-Kälte-Bedarf, der Nachhaltigkeit usw. ermittelt, welche Lösung aus technischer Sicht am besten wäre. Auf Basis von Kennzahlen wird eine Schätzung der Investitionskosten vorgenommen. Diese Möglichkeit wird mit anderen Wärmeoptionen verglichen und bei erfolgreichem Abschneiden gebaut. Es wurden insgesamt 6 zentrale und 6 dezentrale Konzepte untersucht und miteinander verglichen. Neben bewährten Konzepten und der TEO wurden auch Lösungen mit Energie aus dem Erdreich, der Sonne oder der Luft unter Zuhilfenahme von Wärmepumpen untersucht. Beim Einsatz von Wärmepumpen wurde zwischen dezentralen Geräten in allen Gebäuden sowie zentralen Wärmepumpen in Technikzentralen unterschieden.

Besonders an diesem Projekt ist, dass der zukünftige Heiz- und Kühlbedarf bereits in der Planungsphase berücksichtigt wird. Außerdem wird die Wärme aus dem Oberflächenwasser, welche trotz des hohen Potenzials nicht sehr verbreitet ist, genutzt.

Technologien

Folgende Technologien sollen eingesetzt werden:

  • Wärmenetz
  • Aquathermie
  • Wärme- und Kältespeicher im Boden (WKO, Aquiferspeicher)

Akteure

  • Gemeinde Nijmegen
  • Wohngebiet als Abnehmer
  • Rijkswaterstaat
  • Waterschap

Kennzahlen: Erwartete wirtschaftliche, klimatische und energetische Effekte

wirtschaftlicher Mehrwert

Die Varianten mit zentraler Wärmeversorgung versprechen etwas geringere Kosten als Konzepte mit individueller Wärmeerzeugung, da einerseits die Investitionskosten für zentrale Wärmepumpen im Vergleich zu den individuellen Wärmepumpen geringer sind, sowie andererseits ein günstigerer Strompreis für Großverbraucher bei der zentralen Lösung erzielt werden kann, auch wenn der Strombedarf dabei insgesamt etwas höher ist. Die Aussicht auf eine SDE++-Förderung macht das Konzept der TEO zudem wirtschaftlich am attraktivsten.

Der Ersatz der fossilen Energieträger, welche überwiegend importiert werden, ergibt zudem grundsätzlich volkswirtschaftliche Einspareffekte. Das Preisgefüge verschiebt sich durch klimapolitische Maßnahmen tendenziell zugunsten regenerativer Energieträger.

Bereitstellung erneuerbarer Energien

Der gesamte geschätzte Energiebedarf von 569 MWh/a für die 325 Wohnungen soll über erneuerbarer Energie bereitgestellt werden.

CO2-Reduktion

Die Szenarien mit individuellen Wärmepumpen haben im Vergleich zu den Szenarien mit zentraler Wärmepumpe etwas geringere CO2-Emissionen aufgrund eines etwas geringeren Strombedarfs, da im Gegensatz zum Netz keine Wärme vorgehalten werden muss, wenn diese nicht gebraucht wird.

Die netzgebundene Versorgung über eine zentrale Wärmepumpe mit einem System aus TEO und WKO emittiert mit rund 474 kgCO2/Jahr gegenüber dem Vergleichsfall einer netzgebundenen Versorgung über eine zentrale Wärmepumpe ohne weitere Systemkomponenten 358 kgCO2/Jahr weniger.

Energieeinsparungen / Energieeffizienz

Die Neubauwohnungen haben eine hohe Energieeffizienz und einen geringen Energiebedarf von 25 kWh/(m² ∙ a) und entsprechen den neuesten niederländischen BENG-Dämmstandards. (BENG: ‘bijna energieneutraal gebouw’=“fast energieneutrales Gebäude“, gesetzlich festgelegt, Gesamtenergieeffizienz eines Gebäudes, Indikatoren: 1. Energiebedarf. 2. fossiler Primärenergieverbrauch. 3. Anteil erneuerbarer Energie)

Übertragbarkeit

Potenzial für eine nachhaltige Wärmeversorgung in der Region

Das Potenzial der Aquathermie ist in der Theorie sehr hoch und könnte die gesamten Niederlande mit Wärme versorgen. Dieses Pilotprojekt wird überprüfen, ob diese Technik in der Praxis umgesetzt werden kann. Untersuchungen von Deltares zeigen, dass Aquathermie in Nijmegen 25 bis 40 % des Wärmebedarfs der Stadt decken könnte. Dies könnte man dann auf Gemeinden mit Zugang zu Oberflächenwasser übertragen. 

Ergebnisse

Alle 12 untersuchten Konzepte sind technisch machbar und bieten einen gleichwertigen Komfort für die Bewohner. Bei den zentralen Lösungen kann die Technik größtenteils in den Technikzentralen untergebracht werden. Die dezentralen Lösungen erfordern dagegen mehr Platz in den Gebäuden für Wärmepumpen und Warmwasserspeicher.

Die Studie kommt zu dem Schluss, dass TEO als Konzept technisch und wirtschaftlich machbar ist, sofern die niederländische SDE++-Förderung gewährt wird. Zudem bietet die zentrale Wärmeerzeugung wirtschaftliche Vorteile und entlastet die Bewohner. Allerdings scheint die Nachhaltigkeit bei einzelnen Wärmepumpen etwas größer zu sein.

Machbarkeitsstudie

Kosten:14.760 €
Förderung:6.642 €
Laufzeit der Studie:01.01.2020 – 01.05.2021

Download

Die Studie kann nachfolgend heruntergeladen werden:

Antragssteller

Gemeente Nijmegen
Korte Nieuwstraat 6
6500HG Nijmegen
www.nijmegen.nl

Durchführendes Unternehmen

Innoforte
Van Heemstraweg 56d
6651 KH Druten
www.innoforte.nl

Weitere Infos

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[1] Zusammenschluss von Einrichtungen des berufsbildenden Zweiges und der Erwachsenenbildung