Das Projekt
Ausgangssituation
Es gibt bereits verschiedene Projekte zur regenerativen Wärmeversorgung in drei der fünf Ortsteile der Gemeinde Reken im südöstlichen Teil des Kreises Borken. Im Ortsteil „Bahnhof Reken“, in welchem neben den 2.300 von rund 14.000 Rekener Einwohnern auch rund 40 Gewerbe- und Industriebetriebe, ergibt sich von verschieden Seiten die Nachfrage nach einer regenerativen Wärmeversorgung für gewerbliche Prozess- und Heizzwecke.
Bisher werden fast ausschließlich Erdgas und Heizöl eingesetzt und zudem finden sich erhebliche Mengen nicht genutzter Restwärme sowie möglicherweise künftig auch Stromüberschüsse aus Windenergie und Photovoltaik (PV), welche ebenfalls für eine Wärmenutzung infrage kommen.
Die Benning Agrar-Energie GmbH wurde aufgrund lokaler Referenzen als Ansprechpartner für derzeitige und zukünftige Gewerbebetriebe ausgewählt. Die Gemeinde Reken hat ebenfalls großes Interesse, die regenerative Wärmeversorgung als wichtigen Beitrag zum Klimaschutz und als Standortfaktor voranzubringen.
Konzept und Alleinstellungsmerkmal
Das geplante Projekt soll für die Bündelung der bestehenden Wärmepotenziale, die Ergänzung durch regenerative Wärmequellen und die Verteilung an gewerbliche, kommunale und private Abnehmer sorgen. Dazu soll eine „Wärmedrehscheibe“ entstehen. Diese würde aus einem Wärmenetz und einem Wärmespeicher bestehen und verschiedene Wärmequellen kombinieren und damit zudem Wärmeerzeugung und Wärmenutzung zeitlich voneinander entkoppeln.
Dazu ist ein Großpufferspeicher in der Größenordnung ca. 5000 m³ geplant. Dieser macht es möglich, flexibel große Wärmemengen aufzunehmen, verlustarm über längere Zeit zu speichern und Lastspitzen zu bedienen.
Zur Versorgungssicherung soll die vorhandene Abwärme eines Industriebetriebs nutzbar gemacht und mit anderen regenerativen Energiequellen ergänzt werden, wie z.B. durch die Nutzung von Holzhackschnitzeln im ersten Schritt, da diese niedrige Brennstoffkosten aufweisen und bei Bedarf hohe Leistungen realisieren können. Auch flexible BHKW-Einheiten auf Basis von Biogas oder Biomethan können eingebunden werden. Die Abwärme fällt dabei auf unterschiedliche Temperaturniveaus an (von 40 °C bis 90 °C) und schwankt jahreszeitlich.
Der Fokus liegt beim Konzept der Wärmedrehscheibe auf Flexibilität und ermöglicht neben der Nutzung bestehender regenerativer Wärmequellen und industrieller Restwärme auch die Einbindung neuer Technologien in der Zukunft. So könnte theoretisch auch Überschussstrom aus stark ausgebauter Windkraft oder Photovoltaik aus dem Umfeld über Power-to-Heat oder perspektivisch Wärmepumpen oder bei der Elektrolyse anfallende Wärme eingebunden werden. So kann dieser Strom netz- und marktentlastend im Wärmesektor nutzbar gemacht werden.
Ziel des Projektes ist, in mehreren Ausbauschritten den gesamten Ortsteil mit einem Wärmenetz zu erschließen. Im ersten Schritt werden die bestehenden Gewerbebetriebe sowie das sich momentan in der Erweiterung befindliche Gewerbegebiet erschlossen. Dort wird neben Heizwärme auch Prozesswärme, z.B. für Trocknungszwecke benötigt.
In einem zweiten Schritt soll im Umkreis von 1,5 km die ca. 2.300 Bewohnern von 700 Ein- und Mehrfamilienhäusern an die Versorgung mit regenerativer Wärme angebunden werden.
In der Machbarkeitsstudie wurden die Varianten „Kaltes Nahwärmenetz“, „Warmes Nahwärmenetz“ und eine hybride Netzvariante für eine anfänglich kleinere Wärmeabnahme von 2.000 MWh/a betrachtet.
Technologien
Folgende Technologien könnten eingesetzt werden:
- Wärmenetz
- Wärmespeicher
- Industrielle Abwärme
- Holzhackschnitzel-Kessel (Redundanz)
- Perspektivisch Power-to-Heat (Heizelement) aus Wind- und PV-Strom
- Perspektivisch Wärmepumpe
Akteure
- Industriebetrieb aus Reken als Abwärmelieferant
- Benning Agrar-Energie GmbH als Betreiber
- Gemeinde Reken als Großabnehmer
- Diverse Industrieunternehmen als Abnehmer
- Wohngebiet als Abnehmer
Kennzahlen: Erwartete wirtschaftliche, klimatische und energetische Effekte
wirtschaftlicher Mehrwert
Die gesamte erzeugte Wertschöpfung des Projekts aus Bau und Betrieb verbleibt in der Gemeinde Reken und der Region. Der Ersatz der fossilen Energieträger, welche überwiegend importiert werden, ergibt zudem grundsätzlich volkswirtschaftliche Einspareffekte. Ein Preisvorteil für den Abnehmer zum Einstieg ist aufgrund des derzeitigen Preisniveaus schwierig, das Preisgefüge verschiebt sich durch klimapolitische Maßnahmen jedoch tendenziell zugunsten regenerativer Energieträger.
Bereitstellung erneuerbarer Energien
Es sollen mit der vorgesehenen Endausbaustufe des Wärmenetzes 10.000 MWh/a an erneuerbarer Energie bereitgestellt werden können.
Dazu wurde vom Antragsteller angenommen, dass die Hälfte der betrachteten 700 Haushalte künftig über das Wärmenetz versorgt werden und pro Haushalt im Schnitt 20 MWh/a abgenommen werden, was zu einer Wärmeabnahme von 7.000 MWh/a führt. Dazu kommt ein überschlägiger Bedarf für Prozess- und Heizwärme im Gewerbebereich bei 40 Betrieben von 3.000 MWh/a. Nach Abzug von 5 % Eigenbedarf in der Bereitstellung und Verteilung werden damit 95 % erneuerbare Energien bereitgestellt.
Es steht ein theoretisches Abwärmepotenzial von etwas mehr als 8.000 MWh/a von Seiten des Industriebetriebs zur Verfügung. Dieses soll der Studie zufolge um regenerative Wärmequellen als Redundanz ergänzt werden.
Das Abwärmepotenzial soll laut Studie in mehreren Ausbauschritten möglichst umfangreich nutzbar gemacht werden. Für die weiteren Berechnungen der Machbarkeitsstudie wurde ein anfänglicher Wärmebedarf von 2.000 MWh/a angenommen, jeweils hälftig auf private und gewerbliche Abnehmer verteilt.
CO2-Reduktion
Auf Grundlage des zur Verfügung stehende Abwärme ließen sich 2.149 tCO2/a vermeiden, welche entstünden, wenn die gleiche Wärmemenge als Nutzenergie durch die Bestandstechnologien (Öl- und Gaskessel) erzeugt würden.
Im Szenario einer anfänglichen Wärmeversorgung in Höhe von 2.000 MWh könnten durch die Variante „kalte Nahwärme“ 298 tCO2/a und durch die Variante „warme Nahwärme“ 432 tCO2/a gegenüber der aktuellen Situation eingespart werden.
Energieeinsparungen / Energieeffizienz
Die Nutzung industrieller Abwärme, welche ansonsten abgeführt würde, sorgt für eine Energieeinsparung. Hier besteht ein Potenzial von über 8.000 MWh/a an Abwärme, welche die entsprechende Menge derzeit fossil bereitgestellter Wärme ersetzen und somit einsparen könnte. Zudem wird auf Kundenseite im Zuge des Objektsanschlusses ein hydraulischer Abgleich in der Wärmenutzung durchgeführt, welcher häufig zu einer erhöhten Energieeffizienz führt.
Übertragbarkeit
Potenzial für eine nachhaltige Wärmeversorgung in der Region
Durch die geringe Sanierungsquote der Bausubstanz in der Region und eine leicht ansteigende Einwohnerzahl sowie Gewerbetätigkeit kann auf absehbare Zeit von einem Wärmebedarf auf aktuellem Niveau ausgegangen werden. Dies trifft auf Reken sowie andere ländliche Gemeinden des Münsterlandes zu. Die räumliche Nähe, zum Teil sogar Durchmischung von Gewerbe und Wohngebieten ist für die gewachsenen Strukturen der Region durchaus typisch und lässt sich am Beispiel der Gemeinde Reken auf viele andere Standorte übertragen.
Durch die Flexibilität in der Wärmeerzeugung ist das Prinzip der Wärmedrehscheibe auf viele Standorte anwendbar. Wichtig ist dabei die Identifikation der vorhandenen Wärmequellen und ‑anwender.
Download
Die Studie kann nachfolgend heruntergeladen werden:
Machbarkeitsstudie
Kosten: | 11.570 € |
Förderung: | 5.206,50 € (45 %) |
Laufzeit der Studie: | 01.11.2020 – 30.09.2021 |
Antragssteller
Benning Agrar-Energie GmbH
Boom 1
48734 Reken
benning-agrar-energie.de
Durchführendes Unternehmen
iNeG IngenieurNetzwerk Energie eG
Charlottenburger Ring 16
49186 Bad Iburg
www.ineg-energie.de
Weitere Infos
- [Beitrag] Rekener Wärmenetze sollen neben Bioenergie auch durch Abwärme versorgt werden
- Webseite der Benning Agrar-Energie GmbH