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- Was ist das?
- Wo ist der Einsatz sinnvoll?
- Wie nachhaltig ist es?
- Wer ist beteiligt?
- Stand der Technik
- Beispiel-Projekte
Was ist das?
Aquiferspeicher sind eine Form der Erdwärme-Nutzung. Dies ist die Nutzung des Bodens zur Gewinnung und Speicherung von Wärme und Kälte. Die Wärme aus dem Erdreich wird als Quelle für eine Wärmepumpe genutzt. Die Wärmepumpe heizt das Gebäude. Im Sommer kann dagegen die Kälte des Untergrunds zur Kühlung genutzt werden. Bei guter Steuerung reicht die vorhandene Kälte aus, um das Gebäude zu kühlen, und ist dann fast kostenlos. Bei einem Aquiferspeicher-System wird die Energie von Gebäuden „recycelt“. Diese Energie kann durch andere natürliche Wärmequellen ergänzt werden, z. B. durch Umgebungswärme, Sonnenwärme, Aquathermie usw. Mit dem im Niederländischen auch „Wärme- und Kältespeicherung“ (Warmte-Koude-Opslag, WKO) genannten System werden Sommerwärme und Winterkälte für eine Saison im Boden gespeichert. Dieses System ist ein offenes System zur Erdwärmenutzung. Daneben gibt es noch geschlossene Systeme über Erdwärmetauscher. Informationen zum geschlossenen System finden Sie unter Geothermie.
Neben der hier nachfolgend verwendeten niederländischen Abkürzung WKO ist auch die englische Abkürzung ‚ATES‘ für ‚Aquifer Thermal Energy Storage für Aquiferspeicher-Systeme gebräuchlich. Ein WKO-System arbeitet immer mit einer Wärme- und einer Kältequelle („Dublette“), in welchen die Verrohrungen mit räumlichem Abstand zueinander in den wasserführenden Gesteinsschichten (Aquiferen) enden. Da die Rohrleitungen in den Gesteinsschichten enden und dort das Grundwasser „anzapfen“, also offen sind, ist dies ein offenes System. Für kleine Anlagen (ab ca. 10 m3/Stunde Grundwasserumlauf) sind ein Kreislaufsystem und/oder eine Monoquelle möglich. Bei einer Monoquelle wird ein einziges Bohrloch verwendet, um die Wärme- und Kältequelle zu erschließen. Bei einem WKO wird das Grundwasser aus einem Grundwasserleiter hochgepumpt. Die Wärme wird über einen zwischengeschalteten Wärmetauscher an eine Wärmepumpe übertragen. Auf diese Weise bleibt das Grundwasser vom Gebäudesystem getrennt. Das abgekühlte Wasser wird in die Kältequelle eingespeist. Das Wasser aus der Kältequelle wird im Sommer zur Kühlung des Gebäudes verwendet. Das Wasser wird dann warm. Es wird dann in die Wärmequelle eingespeist, so dass diese Wärme im nächsten Winter wieder genutzt werden kann. Große Systeme bestehen oft aus mehreren Doubletten.
Wo ist der Einsatz sinnvoll?
Die Energie des Bodens kann fast überall eingesetzt werden. Bei offenen Systemen (WKO) muss ein Grundwasserleiter vorhanden sein. Dies ist in weiten Teilen der Niederlande der Fall. In Deutschland weisen rund 40 % der Landesfläche Porengrundwasserleiter und etwa 21 % Kluft- und Karstgrundwasserleiter auf. Auf der restlichen Fläche Deutschlands wird der Untergrund von porösen oder klüftigen Grundwassergeringleitern aufgebaut, die nur über lokale und begrenzte oder über keine nennenswerten Grundwasservorkommen verfügen.
In Trinkwasserschutzgebieten ist eine geothermische Nutzung nicht oder nur unter bestimmten Auflagen erlaubt. Grundsätzlich sollte durch eine Voranfrage bei der Unteren Wasserbehörde Ihres Kreises bzw. Ihrer kreisfreien Stadt ermittelt werden, ob eine Erdwärmebohrung zulässig ist. Entsprechende Regelungen gelten in Heilquellenschutzgebieten. Eine erste Übersicht für NRW über Wasserschutzgebiete liefert das Tool Standortcheck des Geologischen Dienstes NRW.
Neue WKO-Systeme müssen die bestehenden WKO-Systeme berücksichtigen, da eine negative gegenseitige Beeinflussung der Quellen – Interferenzen – vermieden werden muss. Es ist wichtig, zu prüfen und zu wissen, wo sich andere Bodenenergiesysteme befinden, denn bei der Planung eines neuen Systems müssen die bestehenden Systeme berücksichtigt werden.
WKO-Systeme können für mehrgeschossige Wohngebäude und etwas größere Nichtwohngebäude (ab 1.000 m² Bruttogeschossfläche (BGF)) mit Kühlbedarf oder als Sammelanlage für einen Straßenzug oder Stadtteil eingesetzt werden.
Übersicht über die Einsatzkapazitäten der unterschiedlichen Systeme:
- Ein WKO-System hat eine größere Wärme- und Kältekapazität und kann daher mehrere Wohnungen (z. B. 100) oder ein größeres Gebäude versorgen.
- Geschlossenes System (z. B. Erdwärmesonden): 1 – 30 Wohnungen
- Monoquelle und Kreislaufsystem: ab 30 Wohnungen, kleine Nichtwohngebäude
- Doublette: mehr als 9000 m2 BGF (Neubauten)
Wenn mehrere Haushalte an ein WKO-System angeschlossen sind, muss es einen Betreiber geben. Außerdem muss ein Wärmenetz zu allen Häusern verlegt werden. Weitere Informationen über solche Netze finden Sie unter Wärmenetze. Die Wohnungen müssen für die Beheizung mit einer Wärmepumpe geeignet sein. Weitere Informationen finden Sie unter Elektrische Wärmepumpe.
Wie nachhaltig ist es?
Energie aus dem Boden ist eine nachhaltige Energiequelle. Es handelt sich um eine Variante einer vollelektrischen Lösung für nachhaltige Wärme. Das bedeutet, dass es vor Ort keine Emissionen mehr gibt. Die CO2-Emissionen des Systems werden durch den Brennstoffmix für die Stromerzeugung in den Niederlanden bestimmt, der in den kommenden Jahren wesentlich nachhaltiger werden wird. Bodenenergiesysteme lassen sich gut mit PV- oder PVT-Systemen kombinieren (PVT ist Strom und Wärme aus demselben Modul, siehe Solarthermie).
Da es sich um die Nutzung von Erdwärme handelt, ist das System im Prinzip vollständig erneuerbar und daher theoretisch unbegrenzt nutzbar. Die Rechtsvorschriften und Regeln für die Planung, den Bau und die Bewirtschaftung von Bodenenergieanlagen müssen sicherstellen, dass Boden und Grundwasser nicht beeinträchtigt werden. Bei ordnungsgemäßem Umgang mit den Quellen haben geschlossene Systeme und WKO-Systeme eine erwartete Lebensdauer von mehr als 30 Jahren.
Wer ist beteiligt?
Gebäudeeigentümer/-nutzer
In einem kollektiven System erfolgt die Warmwasserversorgung über ein Wärmenetz. Dies bedeutet, dass ein Anschluss an ein Wärmenetz erforderlich ist. Der Hauseigentümer zahlt in der Regel eine einmalige Anschlussgebühr an den Wärmeversorger, um angeschlossen zu werden. Der Eigentümer/Nutzer schließt einen Liefervertrag mit dem Wärmeversorger ab.
Je nach System kann eine zentrale Wärmepumpe oder eine einzelne Wärmepumpe in der Wohnung des einzelnen Bewohners eingesetzt werden.
Betreiber von kollektiven WKO-Systemen
Für kollektive Systeme, wie z. B. WKO für mehrere Wohneinheiten oder sogar mehrere Gebäude, ist ein Betreiber erforderlich. Der Betreiber verwaltet und pflegt die Quelle und hat Verträge mit den Nutzern.
Kommune
Bei kollektiven Systemen kann die Gemeinde eine größere, koordinierende Rolle spielen. Die Gemeinde kann auch der Betreiber sein. Die Gemeinde muss die Genehmigung für den Bau eines Transportnetzes für ein kollektives System erteilen und öffentliche Flächen für die Bohrungen des WKO-Systems und für eine eventuelle Wärmepumpe zur Verfügung stellen. Wenn es viele Bohrungen gibt, kann die Gemeinde eine Rolle spielen, indem sie einen Interferenzplan aufstellt, um sicherzustellen, dass die WKO-Bohrungen optimal platziert sind, damit möglichst viele Nutzer den verfügbaren Untergrund nutzen können.
Die Gemeinde kann beim Betrieb oder Bau verschiedene Rollen spielen.
Stand der Technik
Aktuelle Anwendung
In Deutschland sind mit Stand 2020 über 440.000 geschlossene Anlagen zur Nutzung oberflächennaher Geothermie (zum Beispiel Erdwärmesonden oder -kollektoren in Verbindung mit Wärmepumpen) mit in Summe ca. 4.400 MW Leistung in Betrieb. Aquiferspeicher-Systeme sind dagegen eine Nische in Deutschland mit 12 Anwendungen, wovon die Hälfte Forschungsprojekte darstellen, und je zwei Systeme in Planung oder stillgelegt sind.
In den Niederlanden werden Bodenenergieanlagen seit über 30 Jahren eingesetzt, sowohl offene als auch geschlossene Systeme. In den Niederlanden sind über 2.000 WKO-Systeme in Betrieb und mehr als 40.000 geschlossene Systeme mit Bodenkreisläufen (Erdwärmesonden oder -kollektoren).
Erwartete Entwicklungen
Beim Bohren sind keine bahnbrechenden Innovationen zu erwarten, die Technologie ist ausgereift. Ein weiteres Upscaling könnte die Baukosten senken, vorausgesetzt, dass sich die zunehmende Routine in einer höheren Geschwindigkeit niederschlägt und dass keine zusätzlichen Kosten aufgrund veränderter (Umwelt-)Anforderungen und Maßnahmen entstehen. Bei den Wärmepumpen gehören zu den Innovationen die Verwendung klimafreundlicher Kältemittel und eine höhere Effizienz. Eine weitere Entwicklung ist der steigende Bedarf an Kühlung in Wohnungen und anderen Gebäuden aufgrund des Klimawandels, besserer Wärmedämmung und höherer Komfortanforderungen. Erdgestützte Energiesysteme können diesen Bedarf an Kühlung auf nachhaltige Weise decken.
Beispiel-Projekte
- Die Energieversorgung der deutschen Parlamentsbauten am Spree-Bogen ist als Sitz des Deutschen Bundestags ein prominentes Beispiel für den Einsatz eines Aquiferspeicher-Systems und zudem das erste über mehrere Jahre betriebene System in Deutschland. Für die Kälteversorgung im Sommer erschließen 14 Brunnen einen Aquifer in 60 m Tiefe. Der Aquifer für die Wärmespeicherung befindet sich in einer Tiefe von ca. 320 m und ist über eine Brunnendublette erschlossen.
- Seit 2009 versorgt ein WKO-System das Gebäudeareal „Bonner Bogen“ bestehend aus Hotel, Rechenzentrum und Bürokomplexen in Bonn. Sechs Brunnen mit einer Tiefe von maximal knapp 30 m werden derzeit für die saisonale Wärme- und Kälteversorgung einer Nutzfläche von ca. 60.000 m2 benötigt. Mit einer genehmigten Fördermenge von bis zu 1.455.000 m3/a zählt das System gleichzeitig zu den größten Wärmepumpenanlagen Europas.
- Auf der Oosterdok-Insel in Amsterdam werden Wohnungen, Büros und andere Gebäude mit Hilfe eines Wärme- und Kältespeichersystems beheizt. Diese Mischung von Gebäudetypen verbessert die Effizienz des WKO-Systems.